Der Termin beim Notar ist der Höhepunkt eines Immobilienkaufs. Wenn Sie es bis dahin geschafft haben, sollten Sie und der Verkäufer eigentlich glücklich sein. Allerdings: Einige Immobilienkäufer gehen ohne schriftliche Finanzierungszusage zum Notar. Mangelnde Vorbereitung kann sehr kostspielig und sogar existenzgefährdend werden.
Kurz vor Ostern erhielt ich eine E-Mail von einem besorgten Kunden.
Ein Familienvater beschrieb völlig aufgelöst, er sei kürzlich beim Notar gewesen und habe einen verbindlichen Kaufvertrag unterschrieben. Das Problem: Zu diesem Zeitpunkt bestand
seine Finanzierungszusage
nur mündlich. Drei Tage vor Ostern erreichte ihn die Hiobsbotschaft: Die Bank hatte schlußendlich die Finanzierung abgelehnt. Trotzdem war der
Kaufpreis in Höhe von 490.000€ in zwei Wochen fällig.
Ein unterschriebener Notarvertrag kann in der Regel nicht mehr rückgängig gemacht werden. Der Verkäufer will sein Geld! Mir war deshalb schnell klar, dass es sich um ein
ernsthaftes Problem
handelte. Ich griff zum Handy und rief den Kunden an, um mir ein genaueres Bild von seiner Lage zu machen. Es war keine schöne Situation, die ich kurz vor Karfreitag vorfand. Die
üblichen Rechnungen, die direkt nach dem Notartermin anfallen, lagen bereits seit einer Woche vor. Finanzamt und Notariat forderten insgesamt 36.000€, die unabhängig von der
Finanzierung fällig waren. Das war jedoch
nicht das größte Problem, denn diese Kaufnebenkosten waren
durch das Eigenkapital abgedeckt. Vielmehr belastete den Kunden
die Kaufpreiszahlung in Höhe von 490.000€, die in 14 Tagen
auf dem Konto des Verkäufers sein musste. Aber wie, ohne eine
Finanzierung? Mir war klar, dass ich für diesen Kunden eine Lösung finden musste, denn im schlimmsten Fall drohte ihm die
Privatinsolvenz. Auf Wunsch des Kunden nahm ich Kontakt mit
der Bank auf, die die Finanzierung abgelehnt hatte. Ich wollte
dort das Problem erörtern und, wenn möglich, zu einer Lösung
kommen. Leider stellte sich heraus, dass der Kunde einen zwei
Monate alten negativen Schufa-Eintrag aufgrund einiger nicht
bezahlten Rechnung hatte. Da war nichts zu machen. Ich musste
dem Kunden mitteilen, dass ein solcher Schufa-Eintrag für
alle Banken ein Ablehnungsgrund ist, vor allem wenn die Finanzierung sowieso schon sehr knapp gestrickt ist. Ich war sehr betrübt,
ihm nicht besser helfen zu können.
Acht Monate später meldete ich mich nochmals bei diesem Kunden. Ich war neugierig, wie der Fall ausgegangen war: Der Verkäufer bestand nach dem Notartermin tatsächlich auf Erfüllung
des Kaufvertrages. Der Käufer fand jedoch erwartungsweise keine Finanzierung.Schließlich einigte man sich auf die Rückabwicklung des Kaufvertrages gegen eine Schadensersatzzahlung.
Dieser leichtsinnige Gang zum Notar kostete die Familie insgesamt – mit Anwaltskosten, Schadensersatz, Verzugszinsen und Notargebühren – über 60.000 €. Das ganze angesparte
Eigenkapital war jetzt weg. Und da der Kunde für den Restbetrag auch keinen Konsumentenkredit bekam, musste er sich auf eine teure, hochverzinsliche Ratenzahlung einlassen. Ohne
Eigenkapital
und mit der hohen Ratenzahlung ist abzusehen, dass das Thema Eigenheim für ihn nicht mehr zu realisieren ist.
Tipp: Nehmen Sie auf keinen Fall einen Notartermin wahr, solange Ihnen keine schriftliche Finanzierungsbestätigung einer Bank vorliegt! Damit Sie vor
dem Notartermin nicht in Zeitnot kommen, empfehle ich Ihnen, den Finanzierungsantrag bei Ihrem Finanzierungsexperten oder Ihrer Hausbank sehr frühzeitig zu stellen. Je nach
Kreditinstitut kann die Ausstellung einer Kreditzusage sechs bis zwanzig Bankarbeitstage dauern. Lassen Sie sich mit der Finanzierungszusage gleichzeitig auch die Grundschuldbestellungsurkunde
aushändigen! So sind Sie auf der
sicheren Seite. Im Zweifelsfall verschieben Sie den Notartermin etwas.
Das ist i.d.R. erfahrungsweise kein Problem!
(und wird auch häufig gemacht!)
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